Onlineausstellung zu Konsum, Emotion
und Utopie am Beginn der Schallaufzeichnung
Die neue Onlineausstellung der Österreichischen Mediathek am Technischen Museum Wien widmet sich der Frühzeit der Tonträgerindustrie. Im Fokus steht die akustische Ära der Tonaufnahme von 1877 bis in die 1920er-Jahre. Von der Erfindung des Phonographen bis zur Etablierung eines neuen Industriezweiges wird die Entwicklung akustischer Medien mit Beispielen früher Tonaufnahmen aus den Beständen der Österreichischen Mediathek dargestellt. Wie wurden die ersten Tonkonserven vorgestellt und aufgenommen? Wie entwickelte sich daraus ein neues Massenmedium? Welche Utopien und Emotionen waren damit verbunden?
Utopie – ein lang gehegter Traum
Bevor es Tonaufnahmen gab, wurden diese Medien bereits in zahlreichen Utopien erträumt und gedanklich vorweggenommen. Frühe Apparate zur Klangfixierung waren lange Jahre daran gescheitert, den menschlichen Stimmapparat nachzubilden. Die simple Lösung des Problems bestand im 19. Jahrhundert schlussendlich darin, die Vibrationen von Schallschwingungen aufzuzeichnen und wiederzugeben. Diese Umsetzung wurde erst durch ein neues physikalisches Verständnis von Klängen und Stimmen möglich.
Technik – eine Erfindung auf der Suche nach einer Anwendung
Obwohl die neue Erfindung in erster Linie für Büro- und Privataufnahmen gedacht war, entwickelten sich Musikaufnahmen zum größten Anwendungsgebiet. Mit der Erfindung der Schallplatte durch Emil Berliner war auch ein Konkurrenzprodukt am Markt, dass in erster Linie auf Unterhaltung setzte. Das Grammophon setzte sich gegen den Phonographen durch und wurde zum Ausgangspunkt für die moderne Schallplattenindustrie.
Konsum – Unterhaltung als Massenware
Werbung spielte eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung und Verbreitung der Schallplatte als Konsumobjekt. Tonträger waren sowohl Reklameinhalt als auch Werbemittel. Der kommerzielle Erfolg der Schallplatte führte neben der Entwicklung einer neuen Industrie auch zur Entwicklung eines spezialisierten Handelszweiges. Neue Käuferschichten wurden mit unterschiedlichen Preisen und Repertoires angesprochen, industrielle Entwicklung und Konsum beeinflussten sich gegenseitig.
Emotion – neue akustische Ausdrucksweisen
Die Unmittelbarkeit des neuen Mediums eröffnete Räume für vielfältige Emotionen. SängerInnen, KomikerInnen und SchauspielerInnen erhielten eine neue Bühne und zusätzliche Einnahmequellen. Musik und Oper, Literatur- und Theatereinspielungen kamen über Schallplatten in die Privaträume vieler Menschen. Das neue Massenmedium provozierte auch negative Emotionen: Musik aus dem Trichter war für manche ZeitgenossInnen auch eine ärgerliche Lärmbelästigung.
Archivierung – das Nachleben früher Tonaufnahmen
Schon wenige Jahre nach der Erfindung und Etablierung von Tonaufzeichnungen wurde daran gedacht, diese in Archiven für die Nachwelt aufzubewahren. Die Bewahrung von historischen Tonaufnahmen ist heute die digitale Aufgabe eines international verbundenen Netzwerkes von Institutionen, SammlerInnen und privaten Initiativen, die mit neuen technischen Mitteln versuchen, dieses gemeinsame Kulturerbe für zukünftige Generationen zu erhalten.