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ALBERTINA – ROY LICHTENSTEIN

 

8. März – 14. Juli 2024 | Basteihalle | ALBERTINA
Anlässlich seines 100. Geburtstagsjubiläums feiert die ALBERTINA den Pop-Art-Meister Roy Lichtenstein (1923–1997, New York), mit einer großen Retrospektive. Sie umfasst um die 100 der schönsten und bedeutendsten Gemälde, Skulpturen und Papierarbeiten von den Anfängen der PopArt in den 1960er Jahren bis zum Spätwerk, mit großzügigen Leihgaben der bedeutendsten europäischen und U.S.-amerikanischen Museen und Privatsammlungen, wie der National Gallery, Washington, dem Museum of Modern Art und Whitney Museum, New York oder der Yale University Art Gallery, New Haven.
Pop Art: Ein Angriff auf die Konvention
Roy Lichtenstein kehrt in den 1960er Jahren – noch während der Hochblüte des abstrakten Expressionismus – zu einer gegenständlichen, selbstreflexiven Kunst zurück und reißt mit viel Ironie die Grenzen zwischen hoher Kunst und Alltagskultur nieder. Look Mickey ist ein Angriff auf die Konvention: Einfache Comicbilder und Werbeinserate werden in die monumentale Form von Historienbildern gegossen, was einer Attacke auf die Würde der Kunst gleichkommt. Comics und erst recht Produktwerbungen in Zeitungen und Telefonbüchern gelten als nicht kunstwürdig. Lichtenstein isoliert und monumentalisiert den Comic und holt ihn ins Museum – eine absurde und ironische Geste, die er dem Vorurteil der Abgehobenheit entgegensetzt, das die Konsumgesellschaft von der modernen Kunst hat: „Ein derart in Verruf geratenes Sujet wie Donald Duck oder Micky Maus auszusuchen und dann daraus ein Kunstwerk zu machen hatte etwas Absurdes, Komisches an sich. Vorher war man in der Kunst ernsthafter gewesen,“ so Lichtenstein.
Auf die Frage „Was ist Pop Art?“ antwortet Roy Lichtenstein 1963: „Der Einsatz von Werbegrafik als Inhalt der Malerei. Es war schwer, ein Bild zu finden, das mir abstoßend genug erschien, um die schamlosesten und bedrohlichsten Wesensmerkmale unserer Kultur zu thematisieren: Dinge, die wir zwar ablehnen, die aber übermächtig sind, wie Werbeschilder und Comics.“
Trotz mehr oder weniger ernsthaft gemeinter Plagiatsvorwürfe und heftiger Besucherproteste ist seine erste Ausstellung 1962 in der Galerie Leo Castelli in New York noch vor der Eröffnung
ausverkauft. Lichtenstein wird quasi über Nacht berühmt und verhilft der amerikanischen Pop Art zum Durchbruch. Mit Andy Warhol und Jackson Pollock gilt er heute als einer der drei populärsten und berühmtesten U.S.-amerikanischen Künstler. Außerdem wurde er zum einflussreichsten Vorläufer der Appropriation Art und zum Vorreiter der Verschmelzung von High und Low Art in der Gegenwartskunst.
Lichtensteins Kunst ist keineswegs moralisierend, aber affirmativ ist sie auch nicht. Sie spiegelt eine in den 1960er-Jahren bereits ambivalente Haltung gegenüber der Bildmaschinerie der Werbeindustrie wider, deren Ästhetik Lichtenstein ins Feld der Kunst und ins Museum holt.
Das Ende des Pathos in der Kunst

 

Jeden Niederschlag eines Temperaments, jede Äußerung einer politischen Haltung zu unterbinden ist Teil seines höchst formalistischen Konzepts: Lichtensteins Bilder sollen aussehen, als ob eine Maschine sie hergestellt hätte. Er imitiert das Erscheinungsbild des billigen und schnellen Massendruckverfahrens, das zu seinem Markenzeichen wird: Seine Bildsprache kennt nur wenige Umrisslinien und Primärfarben sowie die monotonen Rasterpunkte – die durch ihn erst berühmt gewordenen „Ben-Day-Dots“, die Rasterpunkte für die Tonwerte der Grafikvorlage im Druck, benannt nach ihrem Erfinder Benjamin Day. Lichtenstein bringt sie mit Schablonen auf seine Leinwände auf, ab 1963 stellt er für diese Prozedur Assistenten an. Der Grund, warum die ersten Ausstellungen die Kunst der Pop Art und mit jener des Minimalismus vereinten, liegt – bei allen Unterschieden in dem was auf den Bildern dargestellt ist – in ihrem gemeinsamen Nenner: Antisubjektivismus, Serialität und industrielle Fertigung. Sie glauben nicht mehr an das Pathos des subjektiven Ausdrucks, der Emotionalität des Künstlers und der Echtheit seiner Gefühle.
„Mir geht es darum, eine Art von Anti-Sensibilität zu porträtieren, die die Gesellschaft durchdringt. Ein Großteil unserer Kommunikation wird von der Werbung bestimmt. Unsere gesamte Umgebung scheint von dem Wunsch beherrscht zu sein, Produkte zu verkaufen. Das ist die Landschaft, die ich porträtieren möchte. Ich interessiere mich aber nicht für diese Thematik, um der Gesellschaft etwas beizubringen oder um unsere Welt zu verbessern,“ so Lichtenstein.

 

Ausstellungsinfo


credits | ALBERTINA